Leserbrief über die letzte Ratssitzung in der AZ vom 30.01.2009

„Wohl aus Solidarität erklärten sich dann fünf weitere Ratsmitglieder von Pro Coesfeld für befangen, weil ihre Kinder das Schulzentrum besuchten." So war im Bericht über die Ratssitzung vom 29.01.2009 zu lesen. Sicherlich ging es uns auch um die Solidarität mit Georg Veit, als wir zusammen mit unserem Fraktionskollegen bei diesem Tagesordnungspunkt den Sitzungssaal verließen.


Der Hauptgrund war jedoch ein anderer: Georg Veit war vom Rechtsdezernenten der Stadt (öffentlich und ohne seine schriftliche Stellungnahme einzuholen!) in der Entscheidung über die Finanzierung der Schulmensen für befangen erklärt worden, weil nach der Rechtsauffassung, die sich die Stadt zu Eigen gemacht hat, bereits der „Anschein von Befangenheit" ausreicht und nicht die (offensichtlich nicht vorhandenen) konkreten persönlichen Vor- oder Nachteile.
Wenn aber schon ein Lehrer in den Verdacht der Befangenheit gerät, der die umstrittenen Räumlichkeiten beruflich gar nicht nutzt und vom dortigen Mittagsangebot keinen Gebrauch machen wird, musste dies doch eigentlich erst recht für Eltern gelten, deren Kinder das Schulzentrum besuchen. Denn die Argumente im „Mensastreit" treffen auf unsere Kinder ja ebenfalls zu: Für die einen ist ein Mittagessen in der geplanten Mensa ein konkreter Vorteil, die anderen erleben die Nutzungseinschränkungen beim PZ vielleicht als ebenso konkreten Nachteil. Reicht aber schon der vage Verdacht für die Unterstellung einer Befangenheit, dann blieb uns doch gar keine Wahl: Wir und nicht Georg Veit hätten nämlich, in den Worten der Gemeindeordnung, möglicherweise an einer Entscheidung mitgewirkt, die „unseren Angehörigen" unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringt.
Wohin solch eine Rechtsauffassung dann allerdings führt, kann sich jeder leicht ausmalen. Natürlich wären dann auch andere Fraktionen betroffen - oder sogar Mitglieder der Verwaltungsspitze, deren Kinder ja auch von einer Mensa an einer der städtischen Schulen profitieren könnten. Überhaupt trifft der Rat der Stadt Coesfeld ja zwangsläufig viele Entscheidungen, von denen ganze Gruppen (als Anlieger, Mitglieder in Vereinen, Gewerbe- und Grundsteuerzahler etc.) oder gar die Mehrzahl aller Coesfelder direkt oder indirekt betroffen sind - wer es darauf anlegt, wird bei der Suche nach einem wenn auch sehr unbestimmten Anschein von Befangenheit sicher oft genug fündig werden. Aber was würden beispielsweise Ratsmitglieder erklären, die an einer gem. Ratsbeschluss erst kürzlich verkehrsberuhigten Straße wohnen oder an einer teuer ausgebauten Straße ein Geschäft betreiben? Auch die würden sich sicherlich sofort gegen Unterstellungen zur Wehr setzen.

Das war ja auch der eigentliche Sinn unserer kleinen Demonstration: Ein Appell, zu einem besonnenen und vernünftigen Umgang mit dem Thema Befangenheit zurückzukehren. Damit auch die Verwaltungsspitze den Gerüchten keinerlei Nahrung mehr gibt, ihre Vorgehensweise erwecke gelegentlich den „Anschein von Parteilichkeit".


Annette Bischoff
Hans-Theo Büker
Friedhelm Löbbert
Dr. Thomas Pago
Martina Vennes
(Pro Coesfeld)